Krankenkassen im Test

ARZT & WIRTSCHAFT (2001)
Krankenkassen im Test

Gesundheitspolitische Kommentare von Dr. med. Lothar Krimmel

Nach einer Emnid-Umfrage vom September 2001 meinen mehr als zwei Drittel der befragten gesetzlich Krankenversicherten, dass es in Deutschland eine Zwei-Klassen-Medizin gibt und dass Kassenpatienten eine schlechtere Gesundheitsversorgung als Privatpatienten erhalten. Viele GKV-Versicherte glauben inzwischen, dass eine optimierte ärztliche Behandlung, die nicht von gesetzlichen Finanzbudgets berührt wird, nur noch in der Privatmedizin möglich ist.

Für die Wahl einer privatärztlichen Behandlung stehen den rund 12 Millionen freiwillig Versicherten bekanntlich zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Zum einen der Wechsel in die private Vollversicherung und zum anderen das Verbleiben in der Krankenkasse mit Inanspruchnahme des Wahlrechts auf Kostenerstattung.

Für viele freiwillig Versicherte sind die Regelungen zur Kostenerstattung bei der Entscheidung über die Wahl einer bestimmten Krankenkasse daher neben dem Beitragssatz das mit Abstand wichtigste Kriterium. Doch von der sonst immer wieder beschworenen Markttransparenz konnte gerade auf diesem Sektor bislang keine Rede sein. Deswegen hat das MedWell-Institut für Privat- und Komfortmedizin jetzt die Satzungen der 35 größten Krankenkassen im Hinblick auf Flexibilität und Kundenfreundlichkeit der Kostenerstattungs-Regelungen untersucht.

Das Ergebnis der Untersuchung zeigt eine außerordentlich große Streuung: Die Kassensatzungen wurden von „sehr gut“ bis „ungenügend“ beurteilt. Offensichtlich sind die einzelnen Krankenkassen in ganz unterschiedlicher Weise bestrebt, das Verfahren der Privatbehandlung im Kostenerstattungs-Verfahren entweder zu fördern oder aber weniger attraktiv zu gestalten. Das Testurteil „sehr gut“ erhalten nur zwei Kassen, nämlich die Techniker Krankenkasse (TK) auf Platz 1 und die Gmünder Ersatzkasse (GEK) auf Platz 2.

Die Techniker Krankenkasse hat offensichtlich allen Grund, ihren Versicherten eine möglichst hohe Flexibilität bei der Wahl einer Privatbehandlung einzuräumen. Immerhin sind fast 40 Prozent der mehr als fünf Millionen TK-Versicherten freiwillig versichert, haben also das Recht, jederzeit in die private Krankenversicherung zu wechseln. Will man dies verhindern, so muss man seinen Versicherten gestatten, jederzeit eine Privatbehandlung wählen zu können. Die TK tut dies in vorbildlicher Weise und kann daher anspruchsvollen gesetzlich Krankenversicherten nur empfohlen werden.

Das Ergebnis der Studie wird hoffentlich dazu beitragen, die Krankenkassen im Wettbewerb um die „attraktiven“ freiwillig Versicherten zu mehr Transparenz und Kundenfreundlichkeit im Umgang mit dem Versichertenrecht auf Kostenerstattung zu bewegen. Denn wie sehr sich die Kassen durch restriktive und darüber hinaus auch noch intransparente Kostenerstattungs-Regelungen selbst schaden, zeigt die aktuelle Halbjahresbilanz der privaten Krankenversicherung: Allein von Januar bis Juni 2001 haben weitere 100.000 freiwillig Versicherte ihre gesetzliche Krankenkasse in Richtung private Krankenversicherung verlassen…

Autor
Dr. med. Lothar Krimmel

Quellenangabe
KRIMMEL, Dr. med. Lothar: Krankenkassen im Test – Ceterum Censeo: Gesundheitspolitische Kommentare von Dr. med. Lothar Krimmel. In: ARZT & WIRTSCHAFT (verlag moderne industrie GmbH, 86899 Landsberg), 12/2001

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