Privathonorar auf Talfahrt

ARZT & WIRTSCHAFT (2005)
Ceterum Censeo : Gesundheitspolitische Kommentare von Dr. med. Lothar Krimmel

Gesundheitspolitische Kommentare von Dr. med. Lothar Krimmel

Die Privatmedizin steht in den kommenden vier Jahren ausgerechnet unter einer CDU-Kanzlerin vor einem dramatischen Niedergang. Zwar wurde die geplante Anhebung der Versicherungspflichtgrenze von 3.900 auf 5.200 Euro und damit die Bereitung des Sterbebettes für die PKV noch einmal verschoben, jedoch sollen offenbar alsbald die Arbeiten zur Schaffung eines einheitlichen Leistungsverzeichnisses für GKV und PKV aufgenommen werden.

Die passende Blaupause ist ausgerechnet von der Ärzteschaft frei Haus geliefert worden. Denn mit dem Anspruch betriebswirtschaftlich kalkulierter Vergütungen wurde im EBM 2000 plus eine Bewertungsbasis geschaffen, die natürlich auch die PKV für sich reklamieren wird. Zwar wurde von Seiten der Politik zugesagt, bei einer Neuordnung des Verhältnisses von GKV und PKV das ärztliche Vergütungsvolumen insgesamt stabil zu halten.

Was von diesem Versprechen jedoch zu halten ist, zeigen die Festlegungen des Koalitionsvertrags zur Beihilfe: Die Ärzte sollen im Handstreich verpflichtet werden, die vier Millionen Beihilfeberechtigten künftig zu den Bedingungen des Standardtarifs zu behandeln. Damit sind etwa 35 Prozent des privatärztlichen Honorarvolumens von einer mehr als 25-prozentigen Abwertung bedroht, was im Ergebnis einer Minderung der Privathonorare um fast zehn Prozent gleichkommt.

Es geht um eine fast zehnprozentige Minderung

Besonders beunruhigend ist, dass der Beihilfe-Coup ausgerechnet von der CDU in die Koalitionsgespräche eingebracht worden ist. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht diesen Versuch noch stoppen sollte, die Beamten über Nacht zu Patienten zweiter Klasse zu degradieren, so lässt der Wortbruch der politisch Verantwortlichen doch erahnen, was auf die Ärzte zukommt, wenn es zu einer Bürgerversicherung auf Basis der EBM-Vergütungen kommen sollte.

Allerdings hat die ärztliche Selbstverwaltung an dieser Entwicklung kräftig mitgewirkt. Denn mit dem Versprechen einer klassenlosen Medizin – unabhängig von der Höhe der ärztlichen Vergütung – hat die Bundesärztekammer sich selbst eine Ethikfalle gebaut, aus der die Politik sie jetzt nicht mehr entkommen lässt. Anstatt immer wieder klar zu stellen, dass gehobene Ansprüche auch eine gehobene Vergütung verlangen, hat man die höhere Vergütung in der Privatmedizin nicht aus sich selbst heraus rechtfertigt, sondern auf ein Instrument zur Quersubventionierung der GKV reduziert. Doch mit diesem Argument stößt man bei Politik und Öffentlichkeit auf taube Ohren. Denn die gemeinte Quersubvention spielt sich ausschließlich auf der Ebene der ärztlichen Praxiseinnahmen ab. Und die sind den Bürgern reichlich gleichgültig.

Im Übrigen kann es nicht Aufgabe der privatwirtschaftlich organisierten PKV sein, eine gesetzliche Zwangsversicherung zu subventionieren. Dies wäre sogar eine rechtswidrige Verwendung privat aufgebrachter Beitragsmittel. Nein! Die einzige Möglichkeit, der selbstgestellten Ethikfalle zu entkommen, ist das klare Bekenntnis der Ärzte zur Differenzierung des Versorgungsniveaus. Nur so ließe sich im anstehenden Zeitalter der Bürgerversicherung ein Markt für Angebote zur Zusatzversorgung auf privater Basis begründen.

Autor
Dr. med. Lothar Krimmel

Quellenangabe
KRIMMEL, Dr. med. Lothar: Privathonorar auf Talfahrt – Ceterum Censeo: Gesundheitspolitische Kommentare von Dr. med. Lothar Krimmel. In: ARZT & WIRTSCHAFT (verlag moderne industrie GmbH, 86899 Landsberg), 12/2005

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