Der Gewinner heißt Stoiber

ARZT & WIRTSCHAFT (2002)
Der Gewinner heißt Stoiber

Gesundheitspolitische Kommentare von Dr. med. Lothar Krimmel

Eigentlich hat Edmund Stoiber in jeder Hinsicht gewonnen! Er ist achtbar aus den Bundestagswahlen herausgekommen, hat Bayern im Sturmlauf für sich gewonnen und muss sich trotzdem nicht der kaum lösbaren Aufgabe stellen, Deutschland aus dem von Rot-Grün verursachten wirtschaftlichen Tief herauszuholen.

Stoiber kann aus München entspannt zusehen, wie durch die Fortsetzung der Umverteilungspolitik bei abnehmender Wirtschaftsleistung die Solidarsysteme in die Zerreißprobe geführt werden. Eine zukunftsfähige Gesundheitsreform ist angesichts der von praxisfernen Expertokraten dominierten rot-grünen Verschiebungspolitik und der starken Opposition im Bundesrat nicht zu erwarten. Die aktuelle DMP-Euphorie wird sich bald als gigantische Luftblase herausstellen, die nichts als enttäuschte Hoffnungen und patientenferne Verwaltungskosten produziert hat.

Auf die Kassenärzte kommen dennoch bittere Zeiten zu. In der Kassenmedizin ist für die nächsten vier Jahre allenfalls Nullwachstum angesagt – und das bei weiter steigenden Praxiskosten. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sollte sich der Erkenntnis nicht verschließen, dass unter diesen Vorzeichen die seit Jahren angekündigte „große EBM-Reform“ keinen einzigen zusätzlichen Cent in die Gesamtvergütung bringen wird – wohl aber einen massiven innerärztlichen Kräfteverschleiß, den man sich angesichts der anstehenden politischen Auseinandersetzungen eigentlich nicht leisten kann.

Allerdings können die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) zunächst einmal aufatmen. Trotz ihrer politischen Unbotmäßigkeit in der letzten Endphase des Wahlkampfes ist ihr Fortbestand durch das Wahlergebnis gesichert, da Eingriffe in ihre Zuständigkeiten nur mit Zustimmung des Bundesrats möglich wären. Jedoch droht die schleichende Entmachtung der KVen, wenn Rot-Grün den Kassen immer mehr Einfluss zuschanzen sollte. Daher müssen die Kassenärztlichen Vereinigungen die Krankenkassen endlich als den eigentlichen strategischen Gegner wahrnehmen, dessen Machthunger unmittelbar die gesundheitlichen Interessen von Versicherten und Patienten bedroht.

Eine der wenigen Stellgrößen, die ohne Zustimmung des Bundesrats geändert werden kann, ist die Anhebung der Versicherungspflichtgrenze. Es scheint so gut wie sicher, dass Rot-Grün angesichts der sich abzeichnenden Defizite in der gesetzlichen Krankenversicherung auf diesen scheinbaren Rettungsanker setzen wird. Dies kann nur verhindert werden, wenn Ärzteschaft und Private Krankenversicherung an einem Strang ziehen und die Privatmedizin konsequent als die bessere Versorgungsalternative gegenüber der Kassenmedizin positionieren.

Denn das Angebot einer budgetfreien Privatmedizin entspricht unmittelbar dem in Artikel 2 des Grundgesetzes verankerten Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Somit ist die Förderung der Privatmedizin als Kernelement eines Zweiten Gesundheitsmarkts in versorgungspolitischer und wirtschaftlicher Hinsicht die einzig wirklich sinnvolle Antwort auf die von Rot-Grün beabsichtigte Nivellierung der Medizin.

Autor
Dr. med. Lothar Krimmel

Quellenangabe
KRIMMEL, Dr. med. Lothar: Der Gewinner heißt Stoiber – Ceterum Censeo: Gesundheitspolitische Kommentare von Dr. med. Lothar Krimmel. In: ARZT & WIRTSCHAFT (verlag moderne industrie GmbH, 86899 Landsberg), 10/2002

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