Die KBV plant für die zweite Liga

ARZT & WIRTSCHAFT (2004)
Die KBV plant für die zweite Liga

Gesundheitspolitische Kommentare von Dr. med. Lothar Krimmel

Die Vertreterversammlung der KBV hat am 11. Juni in Köln eine arg denkwürdige Abschiedsvorstellung gegeben. Denn die Diskussion über die künftige KBV-Satzung zeigte einmal mehr in aller Deutlichkeit, dass die Verkleinerung und Professionalisierung dieses „Parlaments der Kassenärzte“ wohl die letzte Chance für das politische Überleben der kassenärztlichen Selbstverwaltung ist.

Eine in dreifacher Hinsicht verfehlte Konstruktion

Künftig soll also ein zweiköpfiger Vorstand, bestehend aus einem Hausarzt und einem Facharzt, die Geschicke der deutschen Kassenärzte bestimmen und sich dabei eines „Geschäftsstellenleiters“ bedienen. Diese Konstruktion ist gleich in dreifacher Hinsicht verfehlt. Erstens weil die Ressortzuordnung entlang der Hausarzt-Facharzt-Gliederung zwangsläufig zur Polarisierung und Neutralisierung der KBV führt. Zweitens weil eine solche Ressortzuordnung schon im Ansatz die eigentlich wichtigen Aufgaben einer KBV total ausblendet. Und schließlich drittens, weil eine realitätsfremde Trennung von Vorstand und Verwaltung geschaffen wurde.

Bereits der Versuch, Organisation und Aufgabenspektrum der KBV aus den Abläufen einer KV heraus zu definieren, ist fatal für die politische Handlungsfähigkeit einer KBV. Denn bei der KBV gibt es gar keine „Verwaltung“ im landläufigen Sinn. Sind für das Innenleben einer KV Verwaltungsakte prägend, so beschäftigt sich die „Verwaltung“ einer KBV mit Gesundheitspolitik, Lobbyismus und Normgebung.

Wer demnächst als hauptamtlicher Vorstand an der Spitze der KBV steht, steht damit selbstverständlich auch an der Spitze der Verwaltung und ist für deren Arbeit politisch und rechtlich voll verantwortlich. Es zeugt daher von geradezu provinzieller Engstirnigkeit, in der Satzung ausdrücklich die personale Trennung von Vorstand und Verwaltungsspitze festzulegen. Im Übrigen ist die darin zum Ausdruck kommende Grundhaltung, nur Kassenärzte könnten die Selbstverwaltung wirksam vertreten, nicht nur gedanklich abwegig, sondern auch historisch eindrucksvoll widerlegt.

Richtig wäre, einen dreiköpfigen hauptamtlichen Vorstand als Spitze der KBV-Verwaltung vorzusehen und die Auswahl der dafür geeigneten Personen den künftigen Vertreterversammlungen zu überlassen. Es sollte eine der ersten Aufgaben der neuen, professionalisierten Vertreterversammlung sein, diesen Missgriff wieder zu korrigieren und einen dritten hauptamtlichen Vorstand einzuführen sowie die unsinnige Trennung zwischen Vorstand und Verwaltung zu beseitigen.

Es liegt schon eine gewisse Tragik darin, dass die Vertreterversammlungen der KBV in den 50 Jahren bis zu ihrer faktischen Abschaffung durch den Gesetzgeber nie begriffen haben, was die KBV eigentlich ist. Der daraus erwachsene politische Schaden lässt sich aus der gegen die Kassenärzte gerichteten Gesetzgebung der letzten Jahre gut ablesen. Die Grundhaltung, die sich in der neuen Satzung spiegelt, ist ein Beleg dafür, dass die KBV in die zweite Liga der Gesundheitspolitik abgestiegen ist. Den Kassenärzten ist also zu wünschen, dass sie in neuer Besetzung bald den Wiederaufstieg schaffen.

Autor
Dr. med. Lothar Krimmel

Quellenangabe
KRIMMEL, Dr. med. Lothar: Die KBV plant für die zweite Liga – Ceterum Censeo: Gesundheitspolitische Kommentare von Dr. med. Lothar Krimmel. In: ARZT & WIRTSCHAFT (verlag moderne industrie GmbH, 86899 Landsberg), 07/2004

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