Ende des GKV-Monopols

ARZT & WIRTSCHAFT (2001)
Ende des GKV-Monopols

Gesundheitspolitische Kommentare von Dr. med. Lothar Krimmel

Seit August steht die Lungenkrebs-Vorsorge durch Sputum- Zytologie bei langjährigen Rauchern bundesweit als organisiertes IGeL-Angebot zur Verfügung. Auch wenn die Sputum-Zytologie als diagnostisches Verfahren eher unspektakulär ist, so befördert diese Einführung gleichwohl bedeutsame Innovationen:

  1. In medizinischer Hinsicht ist die Etablierung einer Früherkennung für die weltweit am häufigsten zum Tode führende Krebserkrankung, die gleichzeitig unter allen häufigen Tumorlokalisationen die schlechteste Prognose hat, von erheblicher Bedeutung.
  2. In organisatorischer Hinsicht wird erstmals das Verfahren des „Rechnungs-Poolings“ durch die Privatärztlichen Verrechnungsstellen (PVS) bundesweit etabliert. Hierdurch werden die Leistungen des beratenden Arztes und des Auftragsarztes in einem gemeinsamen Endpreis angeboten und von der PVS auf einem Überweisungsträger gegenüber dem Patienten abgerechnet. Dieser innovative Organisationsansatz erleichtert ganz entscheidend das Angebot komplexer, arztübergreifender IGeL-Leistungen.
  3. Die größte Bedeutung kommt der Organisation einer privaten Lungenkrebs-Vorsorge für langjährige Raucher jedoch in gesundheitspolitischer Hinsicht zu. Die Organisation von Vorsorge-Programmen war bislang der gesetzlichen Krankenversicherung vorbehalten. Was diese nicht organisierte, hatte – bis auf das vereinzelte Angebot als IGeL-Leistung – in der flächendeckenden Versorgung keine Chance. Dieses Definitionsmonopol der GKV für Gesundheitsleistungen ist spätestens mit der bundesweiten Einführung der Lungenkrebs-Vorsorge beendet.

Welche fatalen Auswirkungen dieses GKV-Monopol bislang hatte, kann am Beispiel der Mammographie zur Brustkrebs-Früherkennung verdeutlicht werden. Seit 15 Jahren liegen Hinweise auf den Nutzen dieses Verfahrens für potenziell betroffene Frauen vor. Die GKV hat es dennoch vorgezogen, die qualitätsgesicherte Einführung der Screening-Mammographie immer wieder zu verzögern und ihre Versicherten auf die ungeregelte „Grau-Mammographie“ zu verweisen. So werden heute jährlich rund 2 Millionen Vorsorge-Mammographien „kurativ“ erbracht. Diese Abdeckung von Wunschleistungen auf Chipkarte war für die GKV bis zuletzt äußerst bequem, da es sie bei gedeckelten Gesamtvergütungen keinen Pfennig kostete. Denn die Bereitschaft der Ärzte zur Selbstausbeutung war eine feste Größe, auf die sich die Kassen bislang stets verlassen konnten.

Das positive Beispiel der Lungenkrebs-Vorsorge zeigt schließlich, dass die aktuelle gesundheitspolitische Diskussion dem realen Versorgungsgeschehen zunehmend hinterherhinkt. Wenn heute innerhalb der Regierungskoalition darüber gestritten wird, ob und wie anlässlich der nächsten Gesundheitsreform die private Organisation von Gesundheitsleistungen gefördert werden kann, so ist diese Diskussion von der Realität bereits eingeholt. Der private Gesundheitsmarkt ist bereits heute außerordentlich gut organisiert und in der Lage, von der überreglementierten und auf Rationierung angelegten gesetzlichen Krankenversicherung weitere Aufgaben zu übernehmen. Die Lungenkrebs-Früherkennung für Raucher ist dabei nur ein erster Schritt.

Autor
Dr. med. Lothar Krimmel

Quellenangabe
KRIMMEL, Dr. med. Lothar: Ende des GKV-Monopols – Ceterum Censeo: Gesundheitspolitische Kommentare von Dr. med. Lothar Krimmel. In: ARZT & WIRTSCHAFT (verlag moderne industrie GmbH, 86899 Landsberg), 08/2001

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