Köhler und Weigeldt: weiter so!

ARZT & WIRTSCHAFT (2005)
Köhler und Weigeldt: weiter so!

Gesundheitspolitische Kommentare von Dr. med. Lothar Krimmel

Nach 200 Tagen im Amt ist eine vorläufige Einschätzung der Arbeit des neuen KBV-Vorstands möglich. Diese erste Zwischenbilanz fällt trotz der schwierigen Erblast des EBM 2000 plus absolut positiv aus. Mit großer Beharrlichkeit bauen Köhler und Weigeldt am Image der KBV als einerseits unentbehrlichem Vermittler im Gesundheitswesen und andererseits professionellem Dienstleister für die Kassenärzte. Gleichzeitig werden erste strategische Punktsiege eingefahren.

Die „neue“ KBV fährt erste strategische Punktsiege ein

Beispiel Kollektivvertrag: Die von praxisfremden „Politikberatern“ geschürte Euphorie über das „Aufbrechen des KV-Monopols“ weicht zunehmend einem Katzenjammer über die „Zersplitterung der Versorgungslandschaft“. Geschickt nutzt der KBV-Vorstand diesen Stimmungswandel, um den bewährten Kollektivvertrag gegen systemsprengende Individualverträge in Position zu bringen und gleichzeitig die Kontrolle über eben diese Individualverträge zu beanspruchen.

Beispiel Risikostrukturausgleich (RSA): Das überraschende Zweckbündnis der KBV mit AOK und Barmer zur Unterstützung des Morbi-RSA hat viele in der gesundheitspolitischen Szene irritiert. Erstmals hatte die KBV zur Unterstützung ihrer eigenen Honorarstrategie klar Position für die Versorgerkassen und damit gleichzeitig gegen andere wie Techniker Krankenkasse und BKKen bezogen. Doch der Coup ist absolut gelungen! Seither wird die KBV auch in Fragen der GKV-Finanzierung endlich ernst genommen, was in der anstehenden Gesundheitsreform von entscheidender Bedeutung sein kann.

Dieses Beispiel zeigt auch: Die Konzentrierung der Verantwortung auf einen zweiköpfigen hauptamtlichen Vorstand macht die KBV-Politik professioneller und gleichzeitig enorm beweglich. Wer die pseudodemokratischen Abstimmungsorgien der Vergangenheit lieb gewonnen hatte, mag dies bedauern. Für die Kassenärzte ist es jedoch die einzige Chance, im gesundheitspolitischen Galopp des 21. Jahrhunderts mithalten und vielleicht sogar führen zu können.

Natürlich birgt die Konzentrierung von Verantwortung auch Risiken, insbesondere hinsichtlich einer Instrumentalisierung von außen. Doch der KBV-Vorstand ist sich offensichtlich der Gefahr bewusst, dass das KV-System von der Politik zur faktischen Ausschaltung der politischen Macht der Kassenärzte missbraucht werden könnte. Anstatt jedoch darüber in abgestandene Drohgebärden zu verfallen, geht Köhler selbstbewusst den Weg des offenen Diskurses, wenn er etwa beharrlich auf die demotivierenden und effizienzmindernden Folgen ausufernder Bürokratie hinweist.

Professionalität, Berechenbarkeit, strategische Konzeption und taktisches Geschick: Köhler und Weigeldt sind das Beste, was den Kassenärzten in diesen trüben Zeiten passieren konnte. Natürlich steht der „neuen“ KBV die eigentliche Bewährungsprobe noch bevor. Denn die vergangenen Monate waren auch gesundheitspolitisch eher eine Phase allgemeiner Agonie. Nach dem 18. September schlägt die Stunde der Wahrheit. Der KBV wird dann zugute kommen, dass sie nicht nur über einen handlungsfähigen Vorstand, sondern auch über exzellente Mitarbeiter verfügt.

Autor
Dr. med. Lothar Krimmel

Quellenangabe
KRIMMEL, Dr. med. Lothar: Köhler und Weigeldt: weiter so! – Ceterum Censeo: Gesundheitspolitische Kommentare von Dr. med. Lothar Krimmel. In: ARZT & WIRTSCHAFT (verlag moderne industrie GmbH, 86899 Landsberg), 08/2005

Download des Original-Artikels