Luxusmedizin schafft Arbeitsplätze!

ARZT & WIRTSCHAFT (2006)
Ceterum Censeo . Gesundheitspolitische Kommentare von Dr. med. Lothar Krimmel

Gesundheitspolitische Kommentare von Dr. med. Lothar Krimmel

Karl Lauterbach hat den „EBM“ eigentlich nur beim Wort genommen: „Einheitlicher Bewertungsmaßstab“ ist tatsächlich die korrekte Übersetzung. Allerdings bezieht sich diese Einheitlichkeit ausschließlich auf die vertragsärztliche Versorgung. Und dort ist der EBM nichts weiter als ein zwangsrabattierter Sozialtarif – im klaren Gegensatz zur GOÄ als fairer Gebührentaxe für einen freien Beruf. Wenn es eine Vereinheitlichung geben kann, dann nur auf der Basis solch einer GOÄ!

Lauterbachs Anspruch, mit einer einheitlichen Gebührenordnung die real existierenden Versorgungsunterschiede einebnen zu wollen, ist schon deshalb abwegig, weil der Leistungsumfang der GKV eine umfassende Grundsicherung garantiert und damit im internationalen Vergleich einzigartig ist. Wenn die „gefühlte“ Zwei-Klassen-Medizin dennoch zunimmt, dann geht das ausschließlich auf das Konto derjenigen, die die Behandlung von Kassenpatienten durch Budgetierung und Bürokratisierung für den Arzt immer qualvoller machen.

Außerdem sind die für die privatmedizinische Behandlung gebildeten Rückstellungen Eigentum der Privatversicherten und unterstehen dem Schutz des Artikel 14 Grundgesetz. Die Privatversicherten haben ein Recht darauf, dass ihre höheren Ansprüche durch eine entsprechend höhere Vergütung ihrer Ärzte abgesichert werden. Und sie dürfen erwarten, dass ein demokratischer Rechtsstaat ihnen die Freiheit garantiert, private Mittel aufgrund solcher persönlicher Erwägungen einzusetzen. Dieser Anspruch der Privatpatienten wird in der aktuellen Diskussion systematisch ausgeblendet.

Es gibt in Deutschland eben rund zehn Millionen Bürgerinnen und Bürger, die sich nicht mit dem GKV-Standard zufrieden geben wollen, sondern einen gewissen Luxus erwarten, für den sie auch mehr zu zahlen bereit sind. Dieser Anspruch ist Ausdruck des in Artikel 2 Grundgesetz garantierten Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gerade auch im Bereich der eigenen Gesundheit. Diese Privatversicherten haben gezielt die höheren Freiheitsgrade der Privatmedizin gewählt, einschließlich des Rechts auf eine individuell-optimale anstelle einer nur kollektiv-wirtschaftlichen Behandlung. Wenn sie gegen ihren Willen in eine staatlich kontrollierte, von Finanzierungsfragen dominierte Einheitsmedizin gezwungen werden sollten, werden sie mit Sicherheit andere Wege finden, ihre individuellen gesundheitlichen Ansprüche zu realisieren.

Der Gesundheitsmarkt ist einer der wenigen Zukunftsmärkte mit hohem Beschäftigungspotenzial. Überdurchschnittliche Beiträge zur Finanzierung überdurchschnittlicher gesundheitlicher Ansprüche schaffen Arbeitsplätze, sind daher auch volkswirtschaftlich sinnvoll und dienen dem Wohl der Allgemeinheit. Schon deswegen sind Neidkampagnen hier ebenso deplaziert wie im Bereich von Luxusreisen, Luxusautos oder Luxuswohnungen. Merke: Wenn diejenigen, die sich Luxus leisten können, sich den in Deutschland nicht mehr leisten dürfen, ist das Modell Deutschland im globalen Wettbewerb endgültig am Ende.

Autor
Dr. med. Lothar Krimmel

Quellenangabe
KRIMMEL, Dr. med. Lothar: Luxusmedizin schafft Arbeitsplätze! – Ceterum Censeo: Gesundheitspolitische Kommentare von Dr. med. Lothar Krimmel. In: ARZT & WIRTSCHAFT (verlag moderne industrie GmbH, 86899 Landsberg), Januar 2006