Bonusverträge: Der falsche Weg!

ARZT & WIRTSCHAFT (2002)
Bonusverträge: Der falsche Weg!

Gesundheitspolitische Kommentare von Dr. med. Lothar Krimmel

Seit der Einführung von Arzneimittelbudgets und Richtgrößen im Jahr 1993 wird ärztliche Interessenspolitik vom Problem Arzneimittelausgaben stranguliert. Politik und Krankenkassen ist es mit kräftiger Unterstützung aus der ärztlichen Selbstverwaltung gelungen, den Ärzten die Kollektiv- und Alleinverantwortung für die Höhe der Arzneimittelausgaben zuzuschieben.

Seit 1993 beschäftigen sich die KVen daher mehr mit der Rechtfertigung von Arzneimittelausgaben als mit der Verhandlung dringend notwendiger Honorarzuwächse. Einige KVen wollen nun in dieser Situation über Bonusverträge die Honorare mit den Arzneimittelausgaben unmittelbar verknüpfen.

Bonusregelungen greifen nicht gegen Demographie & Co.

Dabei muss mit den Erfahrungen aus der Vergangenheit doch eigentlich klar sein: Mit Bonusregelungen kann man die durch Demographie und Innovationen gespeiste Dynamik des Ausgabenanstiegs nicht stoppen. Vielmehr schnappt durch die Vereinbarung der Bonusregelung die politische Falle endgültig zu: Die Ärzte gestehen ihre Alleinschuld an der Höhe der Arzneimittelausgaben ein und bestätigen gegen jede Vernunft die Fiktion einer Steuerbarkeit des Versorgungsbedarfs nach Durchschnittswerten.

Gewinner werden diejenigen Ärzte sein, die am meisten rationieren und die gesündesten Patienten haben. Dadurch wird der Grundsatz bestätigt, dass sich in den wirtschaftlich gesündesten Praxen auch die gesündesten Patienten finden. Und einmal mehr wird klar: In diesem System stört eigentlich nur der Patient. Und der dürfte sich eher für IGeL- als für Bonusprogramme erwärmen. Denn beim IGeL erhält der Arzt Geld für eine vom Patienten gewünschte Leistung. Beim Bonus erhält er das Geld, weil er eine vom Patienten erwartete Leistung verweigert!

Durch Bonusprogramme werden Politik und Kassen davon entlastet, den Patienten reinen Wein einschenken zu müssen. Sie können statt dessen immer dann, wenn entweder die Ausgaben steigen oder die Rationierung zunimmt, mit dem Finger auf die Ärzte zeigen. Zur öffentlichen Disziplinierung wird dann gerne der Schmierseifen-Begriff der „Notwendigkeit“ verwendet, den sich Politik und Kassen immer nach ihren jeweiligen Wünschen zurechtlegen, um ihn dem Arzt dann im Regressverfahren aus der ganz anderen Ecke um die Ohren zu schlagen.

Doch der GKV-Fisch stinkt vom Kopf her. Und dort sitzen Politiker und Kassen. Deren Opportunismus darf nicht länger durch willfähriges Verhalten der Ärzte gestützt werden. Wenn der Arzt dafür haften soll, dass der Kassenpatient nicht das billigste Arzneimittel erhält, dann muss es die Forderung der Ärzteschaft sein, dass der Kassenpatient eben nur Anspruch auf das billigste Mittel hat. Will er mehr, soll er sich privat versichern.

Autor
Dr. med. Lothar Krimmel

Quellenangabe
KRIMMEL, Dr. med. Lothar: Bonusverträge: Der falsche Weg! – Ceterum Censeo: Gesundheitspolitische Kommentare von Dr. med. Lothar Krimmel. In: ARZT & WIRTSCHAFT (verlag moderne industrie GmbH, 86899 Landsberg), 06/2002

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